Entwicklung der journalistischen Berichterstattung
Das deutsche Fernsehen zeigt deutliche Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern in der Informations- und Nachrichtenberichterstattung.
Wichtigste Erkenntnisse
- Öffentlich-rechtliche Sender (ARD/Das Erste, ZDF) widmen mehr als 40% ihrer Sendezeit der journalistischen Information, während private Sender zwischen 17% und 29% aufweisen.
- Bei der Berichterstattung zum Ukrainekrieg zeigen sich deutliche Unterschiede: Das ZDF widmete diesem Thema 29,3% seiner Berichterstattung, RTL hingegen nur 15,7%.
- Die ARD-Dritten Programme haben zusammen einen Marktanteil von 13,6% und liegen damit vor RTL mit 8,1%.
Interaktive Analyse
Nutzen Sie die Tabs, um verschiedene Aspekte der Fernsehberichterstattung zu erkunden:
- Informationsanteile der Sender
- Berichterstattung zum Ukrainekrieg
- Berichterstattung über Ostdeutschland
- ARD-Regionalsender im Vergleich
- Qualitätsmerkmale der Berichterstattung
Quelle: ARD/ZDF-Programmanalyse 2023 [ARD Media](https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2024/MP_12_2024_Programmanalyse_2023_Programmprofile.pdf)
Öffentlich-rechtliche Sender
Das Erste und ZDF widmen über 40% ihrer Sendezeit der journalistischen Information. Dies entspricht ihrem gesetzlichen Auftrag zur umfassenden Information der Bevölkerung.
Die öffentlich-rechtlichen Sender zeichnen sich durch eine hohe Vielfalt in der Berichterstattung aus und legen besonderen Wert auf politische Themen.
Private Sender
Private Sender wie RTL, VOX, Sat.1 und ProSieben setzen stärker auf Unterhaltungsformate. Der Anteil an journalistischer Information liegt zwischen 18% und 25%.
RTL hat unter den privaten Sendern den höchsten Informationsanteil und hat diesen in den letzten Jahren weiter ausgebaut.
Informationsanteile im Fernsehprogramm
Vergleich der Anteile journalistischer Informationsformate bei deutschen Fernsehsendern
Quelle: ARD/ZDF-Programmanalyse 2023 [ARD Media](https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2024/MP_12_2024_Programmanalyse_2023_Programmprofile.pdf)
Entwicklung der Informationsanteile
Der Informationsanteil bei öffentlich-rechtlichen Sendern ist über die Jahre relativ stabil geblieben. Bei privaten Sendern gab es bei RTL einen Anstieg, während bei anderen privaten Anbietern der Anteil tendenziell sinkt.
Definition "Journalistische Information"
Umfasst Nachrichtensendungen, Magazine, Dokumentationen, Reportagen, Interviews und Talkformate.
| Sender | Informationsanteil 2023 | Trend | Besonderheiten |
|---|---|---|---|
| ZDF | 44,0% | Leicht steigend | Stärkster Fokus auf Information unter allen Hauptsendern |
| Das Erste | 41,0% | Stabil | Konstant hoher Informationsanteil |
| RTL | 24,7% | Steigend | Höchster Informationsanteil unter privaten Sendern |
| VOX | 21,5% | Leicht sinkend | Stärkerer Fokus auf non-fiktionale Unterhaltungsformate |
| Sat.1 | 19,2% | Sinkend | Zunehmender Fokus auf Reality-TV und Shows |
| ProSieben | 18,1% | Sinkend | Geringster Anteil an Information, stärkerer Fokus auf Fiction und Entertainment |
Berichterstattung zum Ukrainekrieg
Vergleich des Anteils der Ukraine-Berichterstattung bei deutschen Fernsehsendern (2022)
Quelle: [Statista](https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1394015/umfrage/anteil-ukraine-berichterstattung-bei-deutschen-fernsehsendern/)
Analyse
Öffentlich-rechtliche Sender widmeten dem Ukrainekrieg einen deutlich höheren Anteil ihrer Berichterstattung als private Sender.
- ZDF: 29,3%
- Das Erste: 25,1%
- RTL: 15,7%
- Sat.1: 10,2%
- ProSieben: 7,8%
Qualitative Unterschiede
Die Berichterstattung unterschied sich nicht nur im Umfang, sondern auch in der inhaltlichen Tiefe:
- Öffentlich-rechtliche Sender: Umfassende politische Analysen, Hintergrundberichte, internationale Perspektiven
- Private Sender: Stärkerer Fokus auf persönliche Schicksale, emotionale Aspekte und Auswirkungen auf Deutschland
Sonderformate
Die Berichterstattung zum Ukrainekrieg führte zu zahlreichen Sondersendungen:
- ARD/ZDF: Regelmäßige Sondersendungen und Brennpunkte
- RTL: Extra-Ausgaben der Nachrichtensendungen
- Dritten Programme der ARD: Regionale Auswirkungen im Fokus
Berichterstattung über Ostdeutschland
Analyse der Sendezeit mit Ostdeutschlandbezug bei deutschen Fernsehsendern (in Minuten, 2022)
Quelle: [Statista](https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1245258/umfrage/ostdeutschlandbezuege-in-der-berichterstattung-von-fernsehsendern/)
Kernerkenntnisse
Öffentlich-rechtliche Sender berichten deutlich ausführlicher über Ostdeutschland als private Sender:
- Das Erste: 62 Minuten
- ZDF: 61 Minuten
- RTL: 19 Minuten
- Sat.1: 14 Minuten
- ProSieben: 8 Minuten
Fernsehnutzung in Ostdeutschland
Interessanterweise zeigen sich bei der Fernsehnutzung deutliche Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland:
- Längere Sehdauer im Osten (etwa 262 Minuten pro Tag vs. 211 Minuten im Westen)
- Früherer Einstieg in die Primetime
- Stärkere Nutzung öffentlich-rechtlicher Programme
Quelle: [ARD Media](https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2015/10-15_Frey-Vor_Mohr.pdf)
Regionale Berichterstattung
Die Dritten Programme der ARD spielen eine besondere Rolle bei der Berichterstattung über Ostdeutschland:
- MDR, rbb und NDR mit umfangreicher Regionalberichterstattung
- Hohe Bedeutung lokaler Themen
- Besondere Akzeptanz der Dritten Programme in Ostdeutschland ("Akzeptanzbonus")
ARD-Regionalsender (Dritte Programme)
Marktanteile und Informationsprofile der ARD-Regionalsender
Marktanteile basierend auf AGF-Daten 2024
Dritte Programme der ARD
Die neun Regionalsender der ARD erreichen zusammen einen Marktanteil von 13,6% (2024) und liegen damit in der Zuschauergunst vor allen privaten Sendern.
Der MDR ist mit 9,4% Marktanteil im eigenen Sendegebiet das erfolgreichste Dritte Programm.
Informationsprofile der Dritten Programme
Basierend auf Programmanalysen der ARD
Besonderheiten der Dritten Programme
- Starker Fokus auf regionale Berichterstattung
- Hoher Anteil an Informationsformaten (40-60%)
- Besonders hohe Akzeptanz in Ostdeutschland
- Wichtige Funktion für regionale Identitätsbildung
Entwicklung des Programmangebots
- Ausbau der Informationsangebote in den letzten Jahren
- Stärkung der regionalen Berichterstattung
- Zunehmende Bedeutung der Mediatheken und Online-Angebote
- Eigenproduktionen als wichtiges Qualitätsmerkmal
Qualitätsvergleich der Nachrichtenformate
Bewertung öffentlich-rechtlicher und privater Programmangebote nach verschiedenen Qualitätskriterien
Quelle: ARD/ZDF-Medienstudie 2018 [ARD/ZDF Medienstudie](https://www.ard-zdf-medienstudie.de/files/Download-Archiv/MK_Trends_2018/070818_Holtmannspoetter__Breunig.pdf)
Zentrale Ergebnisse des Qualitätsvergleichs
Öffentlich-rechtliche Programme werden deutlich besser bewertet hinsichtlich:
- Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit (65% vs. 8%)
- Politischer Meinungsbildung (65% vs. 9%)
- Journalistischer Qualität (64% vs. 11%)
- Umfassender Hintergrundinformationen (60% vs. 16%)
Private Programme schneiden besser ab bei:
- Unterhaltung (39% vs. 29%)
- Spaß und guter Laune (48% vs. 22%)
Nachrichtenformate im Vergleich
| Kriterium | Öffentlich-rechtliche Sender | Private Sender |
|---|---|---|
| Nachrichtenanteil am Gesamtprogramm | ARD: 9,3%, ZDF: 9,5% | RTL: 3,9%, Sat.1: 2,9%, ProSieben: 0,8% |
| Politikanteil in Nachrichtensendungen | ARD: 63%, ZDF: 59% | Private: 36-39% |
| Thematischer Fokus | Politik, Wirtschaft, gesellschaftlich relevante Themen | Human Interest, Sport, Katastrophen, Kriminalität |
| Präsentationsstil | Objektiv, sachlich, analytisch | Emotional, persönlich, unterhaltungsorientiert |
Quelle: [ARD Media](https://www.ard-media.de/fileadmin/user_upload/media-perspektiven/pdf/2009/05-2009_Daschmann.pdf)